Nachhaltigkeit - Selbstbetrug?

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Nachhaltigkeit ist keine Wortneuschöpfung unserer Zeit. Von einem deutschen Forstwirt im 18. Jahrhundert geprägt, bedeutet dieser Begriff eigentlich, dass nur so viel Holz geschlägert werden darf, wie nachwachsen kann. Die Umweltschutzbewegung der letzten Jahrzehnte hat das Wort wieder aufgegriffen, heute ist es in aller Munde.

Nachhaltigkeit wird synonym zu den Begriffen „Dauerhaftigkeit“ und „Beständigkeit“ verwendet, hat sprachlichen Eingang in alle Lebensbereiche gefunden und wird in Politik und Wirtschaft inflationär verwendet. So „nachhaltig“ ist die Beschallung unserer Ohren mit Nachhaltigkeitsbotschaften aus TV, Radio und sozialen Medien, dass man tatsächlich meinen könnte, unsere Gesellschaft sei voll am Nachhaltigskeitstrip. Jedes Haus muss nachhaltig gebaut, jeder Joghurtbecher nachhaltig erzeugt und jede Geschäftsstrategie nachhaltig ausgerichtet sein. „Nachhaltig“ ist das neue „Bio“. Jede Zeit braucht ihre Religion, und fast scheint es, wir hätten uns heute ausgesucht, den Nachhaltigkeitsgott anzubeten.

Kaum verwunderlich. In Zeiten rasanter Veränderung und blinden Fortschrittsdrangs gibt uns die Nachhaltigkeitsreligion Halt, indem sie unser Sicherheitsbedürfnis befriedigt. Wir gaukeln uns vor, die Uhrzeiger anhalten und den Status Quo einzementieren zu können, während wir gleichzeitig in unserem Wachstums- und Erneuerungsbestreben alles tun, um unsere Existenz rücksichtslos abzusichern und auszubauen.   

Tatsächlich ist es eine Erkenntnis aus meiner laufenden Studie „Werte in der Arbeitswelt 2020“, dass wir in Punkto Nachhaltigkeit scheinheilig sind. Das persönliche Wertegerüst der Studienteilnehmer ist nicht von Werten gekennzeichnet, die auf eine nachhaltige Lebenseinstellung hinweisen. Werte wie Nachhaltigkeit, Bescheidenheit, Sparsamkeit oder Rücksichtnahme haben kaum eine Bedeutung für die Testpersonen. Auch in den Unternehmen, in denen sie arbeiten, spielt Nachhaltigkeit nach Auffassung der Studienteilnehmer eine durchschnittliche bis geringe Rolle. Schlagwörter wie „Corporate Social Responsibility“ dürften demnach genau das sein – Schlagwörter eben; Lippenbekenntnisse und Deckmäntel, die in der Arbeitswelt häufig verwendet, aber selten gelebt werden.

Details dazu findet ihr in meiner Studie.

Mehr über #Werte und #Kompetenzen findest du im WERTE-ASSISTENTEN und in diesem Blog.