145 Werte: #28 Disziplin

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Marina sitzt im Büro ihres Vorgesetzten und bespricht mit ihm ihre jährliche Mitarbeiterinnenbeurteilung. Bis jetzt läuft´s gut – der Chef lobt ihre Kreativität, ihr soziales Wesen und ihr vielseitiges Interesse. Doch dann – Punch in die Magengrube: „Ich würde mir von dir manchmal mehr Disziplin erwarten“, sagt er. Marina sackt in ihrem Sessel merklich zusammen, Enttäuschung und Unverständnis sind ihr ins Gesicht geschrieben. „Häh – Disziplin? Was zur Hölle meint er denn damit?“ Ist das nicht dieser Begriff, den ihr Großvater immer verwendet hat? Ein Begriff, den man eher im neunzehnten als im einundzwanzigsten Jahrhundert verorten würde? Sie versucht, ihre Irritation zu verbergen und fragt so neutral wie möglich: „Was genau meinen Sie damit?“ Der Chef seufzt, weil er ahnt, dass er sich mit der Verwendung dieses Begriffs nicht gerade beliebt gemacht hat. Er holt tief Luft und setzt zu einem Erklärungsversuch an: „Ich schätze deine Unabhängigkeit und Eigenständigkeit in der Bearbeitung deiner Projekte, aber du musst verstehen, dass wir ein großes Team sind, in dem sich nicht jeder selbstverwirklichen kann. Wir können nur dann effizient arbeiten, wenn jedes Rädchen im Getriebe seine Rolle einnimmt und die Regeln unseres Projekthandbuchs peinlich genau eingehalten werden. In der Vergangenheit ist mir aufgefallen, dass du mehrfach in den Kompetenzbereich deiner Kollegen eingegriffen hast und du die Projektdokumentation vernachlässigt hast. Dein Projektleiter hat dich offensichtlich mehrmals darauf angesprochen, allerdings erfolglos. Du bist hier keine Ich-AG, sondern Teil eines Teams. Damit alles flutscht, musst du die Arbeitsregeln einhalten und dich einfügen.“ „Aha“, denkt Marina, „darum geht´s also. Einordnung in die Gruppe, um das Größere Ganze nicht zu gefährden, und den Kopf nicht zu weit rausstrecken. Soll ich mich etwa selbst zurücknehmen, um die Ziele des Teams nicht zu gefährden?“ Ihrem Chef gegenüber verspricht sie halbherzig und missmutig Besserung, allerdings ist der Samen der Unzufriedenheit bereits gesät. Sie würde sich wohl einen Job suchen müssen, in dem Eigenverantwortung und Unabhängigkeit mehr Anerkennung erfahren. Doch deswegen alles hinschmeißen und kündigen? Vielleicht gibt´s in Marinas Unternehmen auch andere Teams mit Kulturen und Führungskräften, die ihrem Arbeitsstil besser entsprechen?

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